Qualität im Vertrieb – hilft uns die DIN ISO 9001?

Wie im letzten Blog versprochen bemühe ich auch die DIN ISO 9001. Dieses eher faktenbezogene Kunstwerk bedient häufig mehr die Wünsche und das Sicherheitsbedürfnis der technokratisch Interessierten. Auch im Bereich Vertrieb?

Gemäß Abschnitt 5.2 ist die oberste Leitung verantwortlich dafür, dass die Kundenanforderungen korrekt und vollständig aufgenommen werden. Theoretisch haben Vertriebsmitarbeiter nun jemanden, auf den sie es schieben können, wenn es mal nicht so rund läuft. Praktisch kann das eine mögliche Beförderung auf´s Heftigste ausbremsen. Mit Qualität im Vertrieb hat das aber alles wenig zu tun.

Abschnitt 5.5.3 Interne Kommunikation

Hier werden Sie aufgefordert, die Formen der Kommunikation zu Q-Themen darzustellen. Zum Beispiel, einmal im Monat werden im Q-Zirkel, mit dem Vertrieb gemeinsam die qualitätsrelevanten Kundenrückmeldungen ausgewertet. Das kann ein erster Schritt sein, der aber so nicht definiert ist. Positiv ist der Gestaltungsspielraum. Wenn also auf diesem Weg die Kommunikation zwischen den Abteilungen und zum Vertrieb gefördert wird, haben wir hier das erste Qualitätsmerkmal – offene, auf den Kundennutzen ausgerichtete interne Kommunikation.

Abschnitt 6.2 Personelle Ressourcen

Mitarbeiter müssen entsprechend ihrer Aufgabe qualifiziert sein.

Mein Lieblingsthema. Die Norm wird konkret. Zuerst ermitteln Sie die Fähigkeiten der Mitarbeiter. Das würde voraussetzen, dass die Ermittelnden wiederum für diese Aufgabe qualifiziert sind. Qualität im Vertrieb erleben wir dann, wenn die Stärken, Vorlieben und Arbeitsweisen der einzelnen Menschen zusätzlich zur fachlich-inhaltlichen Qualifikation berücksichtigt werden.

Als nächstes sorgen Sie bei Bedarf für Schulungen, oder führen Sie andere Maßnahmen (z. B. Versetzung, Neueinstellungen) durch. Erstellen Sie einen Schulungsplan für die betreffenden Mitarbeiter für das aktuelle Jahr. Leider betrifft das nicht alle Mitarbeiter, sondern nur die Mitarbeiter, die eine Schulung gemäß den ermittelten Bedarf machen sollen. Klingt nach Qualität im Vertrieb, ist aber leider nicht zu Ende gedacht. Was ist mit den bereits „guten“ Mitarbeitern, die sich weiterentwickeln möchten.

Uns bleibt aber noch Abschnitt 7.2 Kundenbezogene Prozesse

Sie sollen die Kundenanforderungen genau aufnehmen. Da fällt mir zuerst der Rückschluss auf Abschnitt 6.2 ein. Wenn dieser Prozess nicht zu schreibaufwendig gestaltet ist, erleben wir definierte Qualität im Vertrieb.

Der nächste Unterpunkt 7.2.2 „Bewertung der Anforderungen in Bezug auf das Produkt“ soll die gesamte Organisation dazu bringen, einen Auftrag erst dann anzunehmen, wenn intern geprüft und bestätigt wurde, dass dieser auch in der angegebenen Menge, Zeit und Qualität bearbeitet werden kann. Hier müssen wir Vertriebler uns an die eigene Nase fassen und ich erinnere einfach mal an den Blog vorher.

In dem darauffolgenden Abschnitt „Kommunikation mit dem Kunden“ erläutern Sie, welche Wege der Kommunikation mit Ihren Kunden es bei Ihnen gibt. Die Prozessbeschreibungen können wichtige Hinweise auf Ihre erfolgreicheren Kommunikationswege und gewinnstärksten Kunden liefern. Konsequent und mit einem angemessenen Aufwand durchgeführt, ermöglicht Ihnen diese Norm mehr Freiraum für mehr Qualität im Vertrieb.

In der Norm von besonderer Bedeutung sind die Reklamationen der Kunden. Definieren Sie, nicht nur aus rechtlichen Gründen dazu einen eigenen Prozessablauf. Im Abschnitt 8.2.1 „Kundenzufriedenheit“ werden Sie aufgefordert, diese regelmäßig zu ermitteln und natürlich auch zu dokumentieren.

Hier verweist die Norm auf die große Chance, aus einem Käufer, einen Kunden zu machen. Reklamationen sind eine großartige Gelegenheit. Ein zufriedener Kunde erzählt im Durchschnitt drei Leuten davon, ein unzufriedener (je nach Quelle) neun bis zwölf. ABER ein Kunde, dessen Reklamation schnell und zu seiner Zufriedenheit bearbeitet wurde, berichtet meistens mehr als fünfzehn Menschen, wie toll Sie sind.

Also JA! Die Norm hilft uns, Qualität im Vertrieb mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Eine abschließende Antwort auf die Frage, was Qualität im Vertrieb ist, gibt sie uns aber auch noch nicht. Hinzu kommt der scheinbar nicht zu bremsende Drang, die DIN ISO als Vorwand für unendliche Beschäftigungstherapien für ansonsten vielleicht nutzbringende Mitarbeiter zu verwenden. In der Kürze liegt die Würze. Darum ist es auch höchste Zeit, diesen Blog mit der Aufforderung zu beenden, auch im Vertrieb ein QM – System zu implementieren, das Struktur gibt aber nicht zum Selbstzweck verkommt. Echte Qualität entsteht aber erst dann, wenn auch die Menschen, die das alles umsetzen sollen, in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt werden.

2 thoughts on “Qualität im Vertrieb – hilft uns die DIN ISO 9001?

  1. Qualität im Vertrieb bedeutet für mich das Selbstverständnis zu haben, das ich selbst, bis auf meine eigenen Angebote, immer Kunde bin. Nichts ist für mich schrecklicher, als an ein Unternehmen zu geraten, wo jeder Gesprächspartner mich anders, evtl. nach Gutdünken behandelt, denn dann erscheint mir das Unternehmen als unstrukturiert, kopflos und damit nicht sehr vertrauenswürdig. Letzteres nicht nur zu verhindern sondern stattdessen das Vertrauen zu fördern. Ja, es ist mehr als sinnvoll QM im Vertrieb zu leben.

    MF

    • Vielen Dank für diesen Beitrag. Das ist es auf den Punkt gebracht. Wir müssen QM leben – auch im Vertrieb.

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